Das Konzept der Eiweißspeicherkrankheiten
Das Konzept der Eiweißspeicherkrankheiten in seiner heutigen Form wurde von meinem Vater und mir entwickelt und vielfach publiziert. In zwei Arbeiten aus meiner Feder aus 1990 [5.199 KB] und 2003 [1.756 KB] sowie von einer Medizinjournalistin [7.092 KB] (2010 und 2014 [6.861 KB] kann sich der eilige Leser zusammenfassend orientieren.
Die nachfolgenden Ausführungen erläutern die Entstehung der Idee, die dahinter stehende Sichtweise, die zeitliche Weiterentwicklung und gehen der Frage nach, warum das Konzept bis heute noch keine allgemeine Anerkennung erfahren hat:
Die nachfolgenden Ausführungen erläutern die Entstehung der Idee, die dahinter stehende Sichtweise, die zeitliche Weiterentwicklung und gehen der Frage nach, warum das Konzept bis heute noch keine allgemeine Anerkennung erfahren hat:
Das Konzept der Eiweißspeicherkrankheiten wurde von Lothar Wendt in den vierziger Jahren entwickelt - eigentlich in einer Zeit, da von Eiweißüberernährung in Deutschland keine Rede sein konnte. Ausgehend von seiner pathologisch-anatomischen Ausbildung an der Charité, seinen elektrophysiologischen Arbeiten zur linksventrikulären Hypertrophie im EKG sowie der kasuistischen Beobachtung einer Mittfünfzigerin, die an einer Lungenembolie verstorben war, stieß er auf die Eindickung des Blutes als auffälligen Befund, den er zu erklären versuchte.
Dabei wählte er den teleologisch - analytischen Forschungsansatz, was ihm half, Zusammenhänge klarer zu sehen, dem Konzept bis heute jedoch die Anerkennung verwehrt.
Warum ist es bis heute nicht akzeptiert? Was bedeutet teleologisch - analytisch?
Der Begriff Teleologie kommt aus dem griechischen (gr.: τέλος = Ziel, Sinn. λόγος = Lehre) und bedeutet die Lehre der ziel- und zweckbestimmten Ordnung. Das heißt, Naturphänomenen wird durch die teleologische Auffassung eine innere Zweckgerichtetheit unterstellt. Oder anders ausgedrückt: Es wird die philosophische Frage „Wozu?“ untersucht.
Dieser Denkansatz geht auf Aristoteles zurück, der eine causa efficiens (Wirkursache) von einer causa finalis (Zweckursache) unterscheidet. Dieser Ansatz von Aristoteles findet sich heute z.B. im Sozialrecht, in der sozialmedizinischen Betrachtungsweise und in der gutachterlichen Zusammenhangsklärung wieder in den Begriffen Kausalitätsprinzip und Finalitätsprinzip.
Anders in den Naturwissenschaften, z.B. in der Evolutionstheorie. So wendet sich Charles Darwin gegen eine Ziel- oder Zweckbestimmung der Natur im Sinne eines steuernden oder göttlichen Universalprinzips und verweist stattdessen auf die Naturgesetzlichkeiten, denn: die Selektion tritt erst nach der Mutation auf, d.h. die Mutation erfolgte zufällig, nicht zweckgerichtet.
Daher kritisiert Kant die Annahme von zweckgerichteten Prozessen in der Natur. Für ihn ist die teleologische Sichtweise ein erlaubtes Hilfsmittel der Vernunft, um Prozesse besser verstehen zu können und ein Stimulans für wissenschaftliche Forschung.
Am Beispiel des Typ 2 Diabetes, der Zuckerkrankheit des Erwachsenen, soll diese teleologische Sichtweise dem schulmedizinischen Denken gegenübergestellt und die Frage nach dem "Wozu" verdeutlicht werden:
Die geltende Lehrmeinung geht von folgender Annahme aus: Die Blutzuckerspiegel der Gesunden sind normal, die der Typ 2-Diabetiker krankhaft erhöht. Das Ziel der Therapie muß es darum sein, die erhöhten Blutzuckerspiegel der Diabetiker zur Norm zu senken.
Die teleologische Sichtweise von Wendt stellt diesen schulmedizinischen Gedankengang auf den Kopf, fragt warum die Blutzuckerspiegel des Diabetikers erhöht sind und kommt zu der Annahme, dass die Blutzuckerspiegel der Typ 2-Diabetiker nicht krankhaft, sondern kompensatorisch erhöht seien und stößt bei der Erklärung dieser Annahme auf das ursächlich Krankhafte des Typ 2-Diabetikers, eine verminderte Permeabilität der verdickten Kapillarbasalmembran, welche die Erhöhung des Blutzuckerspiegels zu überwinden trachtet, so daß die Zellen trotz verdickter Kapillarwand normale Glukosemengen bekommen.
Daraus ergibt sich für die Therapie zwangslaufig die Schlußfolgerung, dass das primäre Ziel der Therapie darum nicht die Senkung der erhöhten Blutzuckerspiegel ist, sondern der Abbau der verdickten Basalmembran durch Eiweißfasten. Ist das erreicht, müßten - wenn diese Annahme zutrifft - die erhöhten Blutspiegel der Typ 2-Diabetiker von selbst zur Norm sinken.
Oder um es mit Lothar Wendt auszudrücken: „Der Begriff Zuckerkrankheit ist eine irreführende Krankheitsbezeichnung.
Richtigerweise müßte es nicht nach dem Symptom erhöhter BlutzuckerspiegelZuckerkrankheit, sondern nach deren Ursache Eiweißspeicherkrankheit heißen. Denn das primär Krankmachende ist nicht der Zucker, sondern das (zuviel an) Eiweiß.“
Wer hat Recht, die Schulmedizin oder Wendt?
Oppenheimer, Popper und andere sind der Auffassung, dass Konzepte, die teleologisch vernünftig und plausibel sind, allein aufgrund dieser Tatsache noch nicht bewiesen sind (aber nur deswegen auch nicht zu verwerfen sind), sondern ausschließlich statistisch abgesicherte, kausale Beweisketten von Ursache und Wirkung als Beweis naturwissenschaftlich legitim sind.
Eine solche Beweiskette hätte im vorliegenden Fall folgende sechs Stufen:
1. Histologischer Nachweis verdickter Kapillarbasalmembranen beim Typ 2-Diabetiker.
2. Pathophysiologischer Beweis einer daraus folgenden Permeabilitätsstörung.
3. Identifizierung der Verdickung als Eiweiß.
4. Kasuistischer Nachweis über die Wirksamkeit der Eiweißabbautherapie beim Typ 2-Diabetiker auf dessen erhöhte Blutzuckerspiegel.
5. Histologischer Nachweis normalisierter Kapillarbasalmembranen nach Eiweißabbautherapie.
6. Prospektive, randomisierte Interventionsstudie mit ausreichender statistischer power.
Als Lothar Wendt das Konzept in den 40er Jahren entwickelte, waren Kapillarbasalmembranen für die Lichtmikroskopie noch unsichtbar, er wußte anfangs somit nichts von deren Existenz, geschweige denn von deren möglicher Verdickung. Er löste sich vielmehr von der schulmedizinischen Sichtweise, dass Normalwerte gesund und Abweichungen krankhaft seien und stellte die Frage nach dem "Wozu?", also zum Beispiel: Warum ist der Blutzucker des Erwachsenendiabetikers erhöht? oder Warum ist der Blutdruck des essentiellen Hypertonikers erhöht? Daraus ergaben sich zwangsläufig die Fragen: Wozu dient der Blutzuckerspiegel, wozu dient der Blutdruck? Und die Antwort auf beide Fragen war der (teleologische) Zweck, nämlich um die Gewebezellen mit ausreichend Nährstoffen zu versorgen. Und wenn die treibenden Kräfte zu hoch waren, das heißt der Filtrationsdruck durch den erhöhten Blutdruck oder der Diffusionsdruck durch den erhöhten Blutspiegel, hätten die Gewebezellen ja überschwemmt und überzuckert werden müssen, wenn die Diffusionsstrecke normal = gesund gewesen wäre. Da sie aber offensichtlich weder überschwemmt noch überzuckert waren, mußte sich in der Diffusionsstrecke zwischen Gefäßlumen und Interstitium ein Hindernis aufgebaut haben.
Als Folge seines teleologischen Ansatzes postulierte Lothar Wendt somit bereits in den 40er Jahren als Ursache der essentiellen Hypertonie und des Altersdiabetes eine Permeabilitätsstörung, die er aus technischen Gründen zu diesem Zeitpunkt noch gar nicht nachweisen konnte.
Erst als das Elektronenmikroskop Einzug in die Medizin gefunden hatte, publizierten Wissenschaftler aus aller Welt Bilder der Ultrastrukturen des menschlichen Körpers, so auch Farquhar 1964, und lieferten damit knapp 20 Jahre später den Beweis für Wendt´s visionäres Postulat.
Damit war Schritt 1 der obigen Beweiskette erfüllt. Schritt 2 bestand in der Übertragung physikalischer und pathophysiologischer Gesetze auf die Endstrombahn. Diesen Beweis führte Lothar Wendt in seiner 1972 veröffentlichten Monographie.
Mir als jungem Medizinstudenten war es 1977 vorbehalten den biochemischen Nachweis zu führen, dass die Eiweißspeicherung in den Kollagennetzen der Basalmembran und des Interstitiums sowie den Mucopolysacchariden der Grundsubstanz stattfindet. Im Kapitel 2 der 1978 erschienenen zweiten Auflage des Buches "Die essentielle Hypertonie des Überernährten" beschrieb ich die Biochemie des Eiweißaufbaus und -abbaus und zeigte, dass der Glutaminstoffwechsel die Drehscheibe der Füllung und Entleerung des Eiweißspeichers sowie der Eiweißausscheidung darstellt. Damit war 30 Jahre nach der Erstpublikation der dritte Schritt der Beweiskette vollzogen.
Schritt 4, der kasuistische Nachweis der Wirksamkeit der Eiweißabbautherapie beim Typ 2-Diabetiker auf dessen erhöhte Blutzuckerspiegel, war Lothar Wendt in dessen internistischer Praxis in Frankfurt am Main wiederholt gelungen. Einen dieser Patienten publizierte ich exemplarisch 1990. [5.199 KB] Ein weiterer Schritt zur Klarheit gelang mir 2003, [1.756 KB] als ich den Begriff der Durchsaftung des Interstitiums dem Begriff der Durchblutung gegenüberstellte und deutlich machte, dass der schulmedizinische Begriff der Mikrozirkulation den Blutkreislauf durch das Kapillarnetz beschreibt, nicht aber den Stoffaustausch zwischen Kapillarinnerem und Interstitium. Auch meine erstmals 2004 in Althofen beschriebene Beobachtung, dass sich eine Eiweißspeicherung an der Schläfe, wo das Interstitium greifbar vor den Augen liegt, an der Unterscheidung Lachfältchen oder Lachwülste erkennen läßt, fand keine weitere Beachtung.
Damit wurde aber auch deutlich, warum sich die Schulmedizin so schwer tut, sich mit unserem Konzept zu beschäftigen: Weil keine medizinische Disziplin - vielleicht mit Ausnahme der Lymphologie - die Physiologie und Pathophysiologie des Stoffaustausches im Interstitium als Forschungsfeld besetzt und dafür bis heute auch keine Meßverfahren entwickelt wurden. Oder mit anderen Worten: das Interstitium ist eine uninteressante black box.
Vielleicht auch aus diesem Grunde wurde Schritt 5, der histologische Nachweis normalisierter Kapillarbasalmembranen nach Eiweißabbautherapie, bis heute weder von uns noch von anderen Gruppen geführt. Dies setzt entsprechend viele nach Wendt therapierte Typ 2 Diabetiker und eine entsprechend ausgestattete Einrichtung einschließlich Elektronenmikroskop voraus.
Ebensowenig wurde Schritt 6, eine prospektive, randomisierte Interventionsstudie mit ausreichender statistischer power durchgeführt, was neben ausreichenden Forschungsmitteln die Bereitschaft voraussetzt, schulmedizinisches Lehrbuchwissen in Frage zu stellen und eine Hypothese zu überprüfen, die nunmehr 60 Jahre alt ist.
Da letzteres im Zeitalter der evidence based medicine, der ich mich als Hochschullehrer im übrigen verpflichtet fühle, Voraussetzung für eine allgemeine Akzeptanz ist, konnte sich unser Konzept, von dessen Richtigkeit ich im übrigen überzeugt bin, bis heute nicht auf breiter Front durchsetzen.
Eine Ausnahme stellt die Arthrose Selbsthilfe dar, die an vielen hundert Patienten zeigen konnte, dass eine gezielte Eiweißabbautherapie Beschwerden einer noch nicht allzu fortgeschrittenen Arthrose beseitigen kann, was ich aufgrund unseres Konzeptes mit Blick auf Durchblutung und Durchsaftung mühelos erklären konnte, zuletzt auf dem 100sten Treffen der Arthrose-Selbsthilfe in
Felsberg. [2.161 KB]
Da auch diese von der Richtigkeit überzeugten Patienten jedoch nichts anderes darstellen als weitere Kasuistiken für Schritt 4 der Beweiskette und mir als Einzelperson die Durchführung von Schritt 5 und 6 verwehrt ist, lud ich anläßlich des 100sten Geburtstages meines Vaters die Ordinarien der Hochschulen und Meinungsführer der Universitäten nach Bad Nauheim ein, um ihnen das pro und contra des Konzeptes zu präsentieren und mit ihnen darüber zu diskutieren. Die Dokumentation dieser akademischen Feier findet sich auf der nächsten Seite.
Dabei berichtete Frau PD Dr. A. Bierhaus aus der Heidelberger Arbeitsgruppe über AGEs, das lange gesucht Schlackeneiweiß und die wachsende Bedeutung, die den Eiweißen zunehmend zuteil wird. Dr. U. Herpertz, Leiter der Abteilung Lymphologie in meiner Klinik, zog nach seinen Ausführungen das Fazit, dass sich aus lymphologischer Sicht kein Hinweis auf das Zustandekommen von Eiweißspeicherkrankheiten ergäbe. Und Prof. Dr. Dr. Th. Braun, der Gefäßforscher des Max Planck-Instituts, konnte anhand seiner molekularbiologischen Ausführungen ebenfalls keinen Anhalt für die Richtigkeit des Konzeptes erkennen.
Fazit: "Nichts ist mächtiger als eine Idee zur richtigen Zeit." (Victor Hugo, 1802 - 1885) - offensichtlich liegt es an der Zeit, die noch nicht reif ist...
Dabei wählte er den teleologisch - analytischen Forschungsansatz, was ihm half, Zusammenhänge klarer zu sehen, dem Konzept bis heute jedoch die Anerkennung verwehrt.
Warum ist es bis heute nicht akzeptiert? Was bedeutet teleologisch - analytisch?
Der Begriff Teleologie kommt aus dem griechischen (gr.: τέλος = Ziel, Sinn. λόγος = Lehre) und bedeutet die Lehre der ziel- und zweckbestimmten Ordnung. Das heißt, Naturphänomenen wird durch die teleologische Auffassung eine innere Zweckgerichtetheit unterstellt. Oder anders ausgedrückt: Es wird die philosophische Frage „Wozu?“ untersucht.
Dieser Denkansatz geht auf Aristoteles zurück, der eine causa efficiens (Wirkursache) von einer causa finalis (Zweckursache) unterscheidet. Dieser Ansatz von Aristoteles findet sich heute z.B. im Sozialrecht, in der sozialmedizinischen Betrachtungsweise und in der gutachterlichen Zusammenhangsklärung wieder in den Begriffen Kausalitätsprinzip und Finalitätsprinzip.
Anders in den Naturwissenschaften, z.B. in der Evolutionstheorie. So wendet sich Charles Darwin gegen eine Ziel- oder Zweckbestimmung der Natur im Sinne eines steuernden oder göttlichen Universalprinzips und verweist stattdessen auf die Naturgesetzlichkeiten, denn: die Selektion tritt erst nach der Mutation auf, d.h. die Mutation erfolgte zufällig, nicht zweckgerichtet.
Daher kritisiert Kant die Annahme von zweckgerichteten Prozessen in der Natur. Für ihn ist die teleologische Sichtweise ein erlaubtes Hilfsmittel der Vernunft, um Prozesse besser verstehen zu können und ein Stimulans für wissenschaftliche Forschung.
Am Beispiel des Typ 2 Diabetes, der Zuckerkrankheit des Erwachsenen, soll diese teleologische Sichtweise dem schulmedizinischen Denken gegenübergestellt und die Frage nach dem "Wozu" verdeutlicht werden:
Die geltende Lehrmeinung geht von folgender Annahme aus: Die Blutzuckerspiegel der Gesunden sind normal, die der Typ 2-Diabetiker krankhaft erhöht. Das Ziel der Therapie muß es darum sein, die erhöhten Blutzuckerspiegel der Diabetiker zur Norm zu senken.
Die teleologische Sichtweise von Wendt stellt diesen schulmedizinischen Gedankengang auf den Kopf, fragt warum die Blutzuckerspiegel des Diabetikers erhöht sind und kommt zu der Annahme, dass die Blutzuckerspiegel der Typ 2-Diabetiker nicht krankhaft, sondern kompensatorisch erhöht seien und stößt bei der Erklärung dieser Annahme auf das ursächlich Krankhafte des Typ 2-Diabetikers, eine verminderte Permeabilität der verdickten Kapillarbasalmembran, welche die Erhöhung des Blutzuckerspiegels zu überwinden trachtet, so daß die Zellen trotz verdickter Kapillarwand normale Glukosemengen bekommen.
Daraus ergibt sich für die Therapie zwangslaufig die Schlußfolgerung, dass das primäre Ziel der Therapie darum nicht die Senkung der erhöhten Blutzuckerspiegel ist, sondern der Abbau der verdickten Basalmembran durch Eiweißfasten. Ist das erreicht, müßten - wenn diese Annahme zutrifft - die erhöhten Blutspiegel der Typ 2-Diabetiker von selbst zur Norm sinken.
Oder um es mit Lothar Wendt auszudrücken: „Der Begriff Zuckerkrankheit ist eine irreführende Krankheitsbezeichnung.
Richtigerweise müßte es nicht nach dem Symptom erhöhter BlutzuckerspiegelZuckerkrankheit, sondern nach deren Ursache Eiweißspeicherkrankheit heißen. Denn das primär Krankmachende ist nicht der Zucker, sondern das (zuviel an) Eiweiß.“
Wer hat Recht, die Schulmedizin oder Wendt?
Oppenheimer, Popper und andere sind der Auffassung, dass Konzepte, die teleologisch vernünftig und plausibel sind, allein aufgrund dieser Tatsache noch nicht bewiesen sind (aber nur deswegen auch nicht zu verwerfen sind), sondern ausschließlich statistisch abgesicherte, kausale Beweisketten von Ursache und Wirkung als Beweis naturwissenschaftlich legitim sind.
Eine solche Beweiskette hätte im vorliegenden Fall folgende sechs Stufen:
1. Histologischer Nachweis verdickter Kapillarbasalmembranen beim Typ 2-Diabetiker.
2. Pathophysiologischer Beweis einer daraus folgenden Permeabilitätsstörung.
3. Identifizierung der Verdickung als Eiweiß.
4. Kasuistischer Nachweis über die Wirksamkeit der Eiweißabbautherapie beim Typ 2-Diabetiker auf dessen erhöhte Blutzuckerspiegel.
5. Histologischer Nachweis normalisierter Kapillarbasalmembranen nach Eiweißabbautherapie.
6. Prospektive, randomisierte Interventionsstudie mit ausreichender statistischer power.
Als Lothar Wendt das Konzept in den 40er Jahren entwickelte, waren Kapillarbasalmembranen für die Lichtmikroskopie noch unsichtbar, er wußte anfangs somit nichts von deren Existenz, geschweige denn von deren möglicher Verdickung. Er löste sich vielmehr von der schulmedizinischen Sichtweise, dass Normalwerte gesund und Abweichungen krankhaft seien und stellte die Frage nach dem "Wozu?", also zum Beispiel: Warum ist der Blutzucker des Erwachsenendiabetikers erhöht? oder Warum ist der Blutdruck des essentiellen Hypertonikers erhöht? Daraus ergaben sich zwangsläufig die Fragen: Wozu dient der Blutzuckerspiegel, wozu dient der Blutdruck? Und die Antwort auf beide Fragen war der (teleologische) Zweck, nämlich um die Gewebezellen mit ausreichend Nährstoffen zu versorgen. Und wenn die treibenden Kräfte zu hoch waren, das heißt der Filtrationsdruck durch den erhöhten Blutdruck oder der Diffusionsdruck durch den erhöhten Blutspiegel, hätten die Gewebezellen ja überschwemmt und überzuckert werden müssen, wenn die Diffusionsstrecke normal = gesund gewesen wäre. Da sie aber offensichtlich weder überschwemmt noch überzuckert waren, mußte sich in der Diffusionsstrecke zwischen Gefäßlumen und Interstitium ein Hindernis aufgebaut haben.
Als Folge seines teleologischen Ansatzes postulierte Lothar Wendt somit bereits in den 40er Jahren als Ursache der essentiellen Hypertonie und des Altersdiabetes eine Permeabilitätsstörung, die er aus technischen Gründen zu diesem Zeitpunkt noch gar nicht nachweisen konnte.
Erst als das Elektronenmikroskop Einzug in die Medizin gefunden hatte, publizierten Wissenschaftler aus aller Welt Bilder der Ultrastrukturen des menschlichen Körpers, so auch Farquhar 1964, und lieferten damit knapp 20 Jahre später den Beweis für Wendt´s visionäres Postulat.
Damit war Schritt 1 der obigen Beweiskette erfüllt. Schritt 2 bestand in der Übertragung physikalischer und pathophysiologischer Gesetze auf die Endstrombahn. Diesen Beweis führte Lothar Wendt in seiner 1972 veröffentlichten Monographie.
Mir als jungem Medizinstudenten war es 1977 vorbehalten den biochemischen Nachweis zu führen, dass die Eiweißspeicherung in den Kollagennetzen der Basalmembran und des Interstitiums sowie den Mucopolysacchariden der Grundsubstanz stattfindet. Im Kapitel 2 der 1978 erschienenen zweiten Auflage des Buches "Die essentielle Hypertonie des Überernährten" beschrieb ich die Biochemie des Eiweißaufbaus und -abbaus und zeigte, dass der Glutaminstoffwechsel die Drehscheibe der Füllung und Entleerung des Eiweißspeichers sowie der Eiweißausscheidung darstellt. Damit war 30 Jahre nach der Erstpublikation der dritte Schritt der Beweiskette vollzogen.
Schritt 4, der kasuistische Nachweis der Wirksamkeit der Eiweißabbautherapie beim Typ 2-Diabetiker auf dessen erhöhte Blutzuckerspiegel, war Lothar Wendt in dessen internistischer Praxis in Frankfurt am Main wiederholt gelungen. Einen dieser Patienten publizierte ich exemplarisch 1990. [5.199 KB] Ein weiterer Schritt zur Klarheit gelang mir 2003, [1.756 KB] als ich den Begriff der Durchsaftung des Interstitiums dem Begriff der Durchblutung gegenüberstellte und deutlich machte, dass der schulmedizinische Begriff der Mikrozirkulation den Blutkreislauf durch das Kapillarnetz beschreibt, nicht aber den Stoffaustausch zwischen Kapillarinnerem und Interstitium. Auch meine erstmals 2004 in Althofen beschriebene Beobachtung, dass sich eine Eiweißspeicherung an der Schläfe, wo das Interstitium greifbar vor den Augen liegt, an der Unterscheidung Lachfältchen oder Lachwülste erkennen läßt, fand keine weitere Beachtung.
Damit wurde aber auch deutlich, warum sich die Schulmedizin so schwer tut, sich mit unserem Konzept zu beschäftigen: Weil keine medizinische Disziplin - vielleicht mit Ausnahme der Lymphologie - die Physiologie und Pathophysiologie des Stoffaustausches im Interstitium als Forschungsfeld besetzt und dafür bis heute auch keine Meßverfahren entwickelt wurden. Oder mit anderen Worten: das Interstitium ist eine uninteressante black box.
Vielleicht auch aus diesem Grunde wurde Schritt 5, der histologische Nachweis normalisierter Kapillarbasalmembranen nach Eiweißabbautherapie, bis heute weder von uns noch von anderen Gruppen geführt. Dies setzt entsprechend viele nach Wendt therapierte Typ 2 Diabetiker und eine entsprechend ausgestattete Einrichtung einschließlich Elektronenmikroskop voraus.
Ebensowenig wurde Schritt 6, eine prospektive, randomisierte Interventionsstudie mit ausreichender statistischer power durchgeführt, was neben ausreichenden Forschungsmitteln die Bereitschaft voraussetzt, schulmedizinisches Lehrbuchwissen in Frage zu stellen und eine Hypothese zu überprüfen, die nunmehr 60 Jahre alt ist.
Da letzteres im Zeitalter der evidence based medicine, der ich mich als Hochschullehrer im übrigen verpflichtet fühle, Voraussetzung für eine allgemeine Akzeptanz ist, konnte sich unser Konzept, von dessen Richtigkeit ich im übrigen überzeugt bin, bis heute nicht auf breiter Front durchsetzen.
Eine Ausnahme stellt die Arthrose Selbsthilfe dar, die an vielen hundert Patienten zeigen konnte, dass eine gezielte Eiweißabbautherapie Beschwerden einer noch nicht allzu fortgeschrittenen Arthrose beseitigen kann, was ich aufgrund unseres Konzeptes mit Blick auf Durchblutung und Durchsaftung mühelos erklären konnte, zuletzt auf dem 100sten Treffen der Arthrose-Selbsthilfe in
Felsberg. [2.161 KB]
Da auch diese von der Richtigkeit überzeugten Patienten jedoch nichts anderes darstellen als weitere Kasuistiken für Schritt 4 der Beweiskette und mir als Einzelperson die Durchführung von Schritt 5 und 6 verwehrt ist, lud ich anläßlich des 100sten Geburtstages meines Vaters die Ordinarien der Hochschulen und Meinungsführer der Universitäten nach Bad Nauheim ein, um ihnen das pro und contra des Konzeptes zu präsentieren und mit ihnen darüber zu diskutieren. Die Dokumentation dieser akademischen Feier findet sich auf der nächsten Seite.
Dabei berichtete Frau PD Dr. A. Bierhaus aus der Heidelberger Arbeitsgruppe über AGEs, das lange gesucht Schlackeneiweiß und die wachsende Bedeutung, die den Eiweißen zunehmend zuteil wird. Dr. U. Herpertz, Leiter der Abteilung Lymphologie in meiner Klinik, zog nach seinen Ausführungen das Fazit, dass sich aus lymphologischer Sicht kein Hinweis auf das Zustandekommen von Eiweißspeicherkrankheiten ergäbe. Und Prof. Dr. Dr. Th. Braun, der Gefäßforscher des Max Planck-Instituts, konnte anhand seiner molekularbiologischen Ausführungen ebenfalls keinen Anhalt für die Richtigkeit des Konzeptes erkennen.
Fazit: "Nichts ist mächtiger als eine Idee zur richtigen Zeit." (Victor Hugo, 1802 - 1885) - offensichtlich liegt es an der Zeit, die noch nicht reif ist...